Wenke-Archiv: Solingen-Mosaik

Kurz, kritisch, komisch, knackig, knurrig, kollegial, kugellachend kommentierte Kolorfotos


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GOODY:

Solinger rat(los)häuser

Das Volk als solches ist ja undankbar. Glaubt, "die da oben", in Politik und Verwaltung, würden es nicht raffen, schnallen, gebacken bekommen. 

Dabei ist eins tatsächlich total kurios: In Politik und Verwaltung arbeiten nur Menschen aus dem Volk, also die, die meckern, über die, die genau so meckern würden, wenn sie nicht im Rathaus tätig wären. Bliebe noch zu klären, ob Verwaltungsmenschen über das Volk meckern ...

Irgendwie weiß man nicht, soll man lachen oder weinen ? ! ?

"Wenn man aus dem Rathaus kommt, ist man schlauer", will uns ein Sprichwort lehren. Viele haben den Eindruck, wenn Du ins Rathaus gehst, um Dich dort zu erkundigen, kommst Du verwirrter wieder raus als Du warst, als Du noch wusstest, was Du fragen wolltest. 

Ach, es ist nich einfach, das Verhältnis von Bürgern und Bürgermeistern; aber eins ist seit Jahrhunderten wirklich Konsens: Ein schönes Rathaus muss sein. Mal sehen, ob das in Solingen auch so ist.



Ein Prachtbau, für seine Zeit. Errichtet 1908, Architekt war Arno Eugen Fritzsche. Man nennt das Aussehen Neubergischen Stil, auch Solingen sollte ein ähnliches haben, Remscheid hat es bekommen (nur viel größer). Erkennbar sind Jugendstil-Elemente. Schon lange ist hier das Solinger Kunstmuseum zuhause.

Gelegen auf der Rathausstraße, die auch noch heute so heißt (das jetzige Rathaus hat konsequenterweise die Adresse Rathausplatz) und schon über ein Jahrhundert nicht mehr im Dienst. Dorp war die erste Gemeinde, die nach Solingen eingegliedert wurde. Es erinnert mehr an ein Militärgebäude, es ist sehr preußisch. In der Tat war es auch Sitz ds Bezirkskommandos der preußischen Landwehr. Gebaut wurde es 1885.

In Wald (bei Solingen) findet sich der gleiche repräsentative Stil, typisch für das Ende des 19. Jahrhunderts. Experten bezeichnen das Aussehen jedoch aus Nordische Renaissance, 1892 wurde es eingeweiht. Wald ist ein uralter Stadtteil und war in den vergangenen Jahrhunderten eine nicht unbedeutende eigenständige Stadt. 

Das Rathhaus zu Burg (1889 eingeweiht) hat ein Eingangsschild, das klassischer nicht sein könnte. Burg a.d.W., die Keimzelle des Bergischen Landes ("Grafenstädtchen") war jeher eine selbständige Gemeinde. Doch irgendwann raffte auch Nordrhein-Westfalen die Sprenkel zu Großstädten zusammen; die Burger selbst wollten Wermelskirchen zugeschlagen werden und haben es den Solingern bis heute nicht verziehen, von ihnen "eingesackt" worden zu sein. 

Immerhin hat der letzte Bürgermeister der Stadt noch jahrelang als Maschinenführer bei der Seilbahn Dienst getan. Ob das eine Seilschaft war, weiß ich nicht .... :-)

Das Rathhaus der ehemaligen Stadt Höhscheid hat ebenfalls eine bürgerlich-prunkvolle Fassade und steht im Ensemble mit einem stolzen Bürgerhaus. Der Architekt ERnst G. Weber entwarf es, 1893 ging es in Betrieb. Doch schon 1929 wurde Höhscheid wie auch Ohligs, Wald, Gräfrath nach preußischer Verwaltungsreform zur Großstadt Solingen zusammengefasst. 

Wie auch Dorp und andere Gemeinden waren diese oft zerstreuten Ortschaften zu napoleonischer Besatzungszeit (um 1800 und folgende Jahre) eine Mairie im damals noch existenten Großherzogtum Berg. Einer der Bürgermeister hieß Peter Höfer, sein Name ist heute dem zentralen kleinen Platz gewidmet, der als Parkplatz dient und wenn es etwas zu feiern gibt als Festplatz. Pragmatisch waren sie schon immer, die Höhscheider. 

Ach übrigens, Ex-Bundespräsident Walter Scheel ist Höhscheider, bezeichnender Weise sogar von der Messerstraße stammend.

Ich aber auch, wenn auch Weegerhofer.

Das alte Rathaus war zu eng geworden, und überhaupt waren es der Rathäuser zuviel. In etlichen Gebäuden über die Stadt verteilt hatte sich die Stadtverwaltung eingenistet. Und da der Kämmerer knapp bei Kasse war, baute man 2005 nicht selbst, sondern ließ bauen und mietete das Gebäude auf lange Frist als neues Rathaus an. Die Gebäude oben zwischen den Bäumen blieben ungebaut, es ist noch Parkplatzgelände.

Das Remscheider Rathaus (Nachbarstadt von Solingen, insgesamt ca. 200-300 Meter im Schnitt höher gelegen) hat einen imposanten Turm, von dem aus man ins Bergische Land wie auch weit in die Rheinische Bucht schauen kann. Domblick (Köln) und Funkturm Düsseldorf eingeschlossen. Solche Türme waren um die 1900er-Jahrhundertwende irgendwie Symbol für die Macht und Mächtigkeit einer Stadt, in vielen Rathäusern ringsum in Nordrhein-Westfalen sieht man sie noch.

In Solingen hatte es über Jahrzehnte nur zu diesem Mini-Türmchen gereicht; es krönte ein Gebäude, das als Solinger Krankenhaus begonnen hatte (an der Potsdamer Straße) und dann Teil der Stadtverwaltung wurde; mit hoffentlich gesunden Beamten, die – obwohl hier die Stadtkasse beheimatet waren – nicht immer nur für gesunde Finanzen sorgen konnten. Allzu sorglos hatte die Politik, hatte der Rat und die Wahlversprechen der Dateien die Legende vom Dukatenesel aufrecht erhalten, der Geld scheißt, zumal dessen Denkmal an der Stadtsparkasse Solingen seit den 1960er Jahren aufgestellt war und vormachte, wie leicht es geht, reich zu bleiben. 

Da nimmt es doch nicht wunder, wenn Solingen auch Ehrgeiz hatte und Anfang des 20. Jahrhunderts  mit solchen Plänen seine Wichtigkeit demonstrieren wollte. Aus welchen Gründen auch immer, es ist nie zur Realisierung gekommen. 

Dabei hatte die Solinger Rathausgeschichte eher bescheiden angefangen. Von 1870 stammt dieses Bild und zeigt die ev. Stadtkirche von damals, rechts daneben ist dem Vernehmen nach das Rathaus. Samt eingebauter Kneipe, was aber einst üblich war, die Ratskeller sind ja wohl aus fast jeder Stadt bekannt; auch das Remscheider oder Gräfrather Rathaus sind mit solch praktischen Treffpunkten und Stammtischpolitik-Möglichkeiten ausgestattet.

Das Rathaus Ohligs darf im optischen Reigen der Repräsentativbauten nicht fehlen. Die Stadt Ohligs ist eigentlich die Tochter ihrer Mutter, nämlich der ehemaligen Gemeinde Merscheid, 1891 wurden die Machtverhältnisse auf den Kopf gestellt. Ohligs war Bahnhof an einer neuen, bedeutenden Bahnstrecke (Köln/Deutz ins Westfälische). Das Rathaus ist ebenfalls aus dem Jahre 1891, also für das neue und bis heute ach so sehr auf sich selbst stolze Ohligs gebaut. 

Ein Teil (der Altbau) des noch existenten Rathauses Solingen ist Teil einer ehemaligen Waffen- und Fahrradfabrik (deren Verwaltungsgebäude). Dass viele Zimmer direkten Ausblick auf den Friedhof haben, ist recht pragmatisch; so brauchen Bedienstete im schlimmsten Fall der Fälle nicht pensoniert, sondern nur umgebettet werden, spottet deshalb gerne der Volksmund. Üble Nachrede, so etwas. Die frische Luft des parkähnlichen Friedhofes hilft nur dabei, gesünder durchzuschlafen. Natürlich nicht tagsüber, sondern nachts, ist doch klar.